ADAS Fahrerassistenzkalibrierung – Systeme, Sensoren, Pflichten und Zukunft
Moderne Fahrzeuge sind heute rollende Computer. Mit der Integration von ADAS (Advanced Driver Assistance Systems), also fortschrittlichen Fahrerassistenzsystemen, hat sich der Anspruch an Diagnose, Reparatur und Wartung drastisch verändert. Diese Systeme erhöhen nicht nur den Fahrkomfort, sondern sind sicherheitsrelevant – teilweise sogar gesetzlich vorgeschrieben.
Was viele unterschätzen: Nach jeder Arbeit am Fahrzeug, die Einfluss auf Sensoren, Kameras oder das Fahrwerk hat, müssen ADAS-Systeme neu kalibriert werden, damit sie zuverlässig funktionieren. Eine fehlerhafte Kalibrierung kann im schlimmsten Fall zu einem Unfall führen – oder das Fahrzeug verhält sich unvorhersehbar.
Für Werkstätten ist es daher nicht mehr optional, sondern Pflicht, sich mit der ADAS-Kalibrierung zu befassen – technisch wie organisatorisch.
Welche Fahrerassistenzsysteme müssen kalibriert werden?
In modernen Fahrzeugen sind zahlreiche ADAS-Funktionen verbaut. Hier einige Beispiele, die direkt mit Kalibrierung in Verbindung stehen:
Spurhalteassistent (Lane Keeping Assist)
→ Kamera an der Windschutzscheibe erkennt Fahrbahnmarkierungen.Abstandsregeltempomat (ACC / Adaptive Cruise Control)
→ Radar- oder LiDAR-Sensoren erfassen vorausfahrende Fahrzeuge.Notbremsassistent (AEB / Autonomous Emergency Braking)
→ Kombination aus Kamera und Radar zur Erkennung von Hindernissen.Totwinkelassistent
→ Radar- oder Ultraschallsensoren im Heckbereich.Verkehrszeichenerkennung
→ Frontkamera analysiert Verkehrszeichen.Einparkhilfe & 360° Kamera
→ Kameras und Ultraschallsensoren rund um das Fahrzeug.
Alle diese Systeme müssen nach bestimmten Eingriffen statisch oder dynamisch neu kalibriert werden, damit sie korrekt funktionieren.
Welche Sensoren sind betroffen – und wie funktionieren sie?
ADAS-Systeme greifen auf mehrere Sensorarten zurück. Hier ein kurzer Überblick inklusive physikalischer Grundlagen:
Kamerasysteme (optisch, meist an der Frontscheibe)
Erfassen visuelle Informationen wie Fahrbahnmarkierungen, Schilder, Fußgänger.
Arbeiten mit Bildverarbeitung & künstlicher Intelligenz.
Kalibrierung nötig bei: Windschutzscheibenwechsel, Kameratausch, Fahrwerksarbeiten.
Radarsensoren (meist Stoßfänger vorne/hinten)
Nutzen elektromagnetische Wellen im GHz-Bereich.
Messen Entfernung, Winkel und Geschwindigkeit anderer Objekte.
Kalibrierung nötig bei: Stoßfängertausch, Unfällen, Sensorwechsel.
Ultraschallsensoren (z. B. Einparkhilfe)
Messen Distanz zu Objekten über Schallwellen.
Weniger kalibrierintensiv, aber relevant bei Montagefehlern.
LiDAR (Laser-Radar, zunehmend bei neuen Modellen)
3D-Umgebungserfassung über Lichtimpulse.
Hochpräzise, aber teuer – aktuell vor allem in Oberklasse oder bei autonomen Fahrzeugen.
Positionierung (IMU, GPS, Lenkwinkelsensor)
Liefert Zusatzinformationen über Fahrzeuglage, Richtung, Beschleunigung.
Kalibrierung häufig softwareseitig notwendig.
Wann ist die Kalibrierung gesetzlich oder technisch Pflicht?
Es gibt mehrere Situationen, in denen eine Kalibrierung zwingend erforderlich ist:
Anlass Mögliche betroffene Systeme Windschutzscheibenwechsel Frontkamera, Spurassistent, Verkehrszeichenerkennung Stoßfängertausch oder Unfallschaden Radar vorne/hinten, Notbremsassistent Fahrwerksvermessung oder -reparatur Alle Systeme mit Bezug zur Fahrzeuggeometrie Sensor- oder Kameratausch Betroffene ADAS-Systeme Software-Update Kalibrierdaten werden oft zurückgesetzt
Hinweis: Viele Hersteller schreiben in ihren Reparaturleitfäden explizit eine Kalibrierung vor. Auch bei der HU kann es zu Problemen kommen, wenn Assistenzsysteme Fehlfunktionen melden.
Statische vs. dynamische Kalibrierung – was ist der Unterschied?
Statische Kalibrierung
Erfolgt in der Werkstatt mit spezieller Kalibrier-Ausrüstung (z. B. Zieltafeln, Lasermesssysteme).
Voraussetzung: ebener Boden, definierter Abstand zum Fahrzeug, korrekte Umgebungsbeleuchtung.
Vorteil: Keine Fahrt nötig, hohe Präzision bei Kamerasystemen.
Dynamische Kalibrierung
Erfolgt während einer Testfahrt bei definierter Geschwindigkeit.
Das System erkennt und kalibriert sich anhand realer Umgebungsdaten (z. B. Fahrbahnlinien).
Wird oft bei Radarsystemen eingesetzt.
Vorteil: Einfacher Ablauf, aber abhängig von Wetter, Verkehr und Umgebung.
Einige Fahrzeuge kombinieren beide Verfahren oder erlauben eine Wahlmöglichkeit im Diagnosegerät.
Zukunft der ADAS-Kalibrierung – wohin geht die Reise?
Die Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen schreitet schnell voran – mit direkten Auswirkungen auf die Kalibrierung:
Vollautonome Fahrzeuge (Level 4/5) erfordern permanente Sensorüberwachung und Selbstkalibrierung.
Cloud-gestützte Kalibrierverfahren (Remote Diagnostics) erlauben Kalibrierung „over-the-air“.
Augmented Reality Assistenzsysteme in der Werkstatt erleichtern die präzise Positionierung von Zieltafeln.
Standardisierung der Protokolle wird langfristig markenübergreifende Lösungen ermöglichen.
Werkstätten müssen sich darauf vorbereiten: Mit Know-how, aktueller Ausrüstung und gezielten Schulungen.
Empfehlung für Werkstätten
Die ADAS-Kalibrierung ist keine Option, sondern ein Muss – technisch, rechtlich und sicherheitsbezogen.
Werkstätten, die sich in diesem Bereich spezialisieren, profitieren von:
Höherer Kundenbindung
Zusätzlichem Umsatz durch Kalibrierungspakete
Zukunftssicherheit im Werkstattgeschäft
Investiere in gutes Equipment, geschulte Mitarbeiter und aktuelle Software.
Zeige Deinen Kunden, dass Du auf dem neuesten Stand bist – durch saubere Dokumentation und fundierte Beratung.
Häufige Fragen zur ADAS Kalibrierung (FAQ)
Muss ich auch nach einem kleinen Steinschlag in der Scheibe kalibrieren?
→ Ja, wenn die Kamera ausgebaut oder die Scheibe ersetzt wurde.
Wie lange dauert eine Kalibrierung?
→ Je nach System 30 Minuten bis 2 Stunden.
Welche Hersteller erfordern zwingend statische Kalibrierung?
→ Viele asiatische Marken (z. B. Toyota, Hyundai) bestehen auf statische Verfahren.
Diagnosetechnik Richter GmbH Geschäftsführer Mike Richter
Spinnereistr. 212a, 09405 Zschopau
Deutschland
+49 (0) 173 5887265
fahrzeugdiagnose.richter@gmail.com
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