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EOBD-Fehlercodes (DTC) verstehen und diagnostizieren – mit Beispielen

EOBD (European On-Board Diagnostics) ist im Kern die europäische Ausprägung von OBD-II. Ziel ist nicht „Fehler raten“, sondern emissionsrelevante Abweichungen zuverlässig zu erkennen, zu speichern und (wenn nötig) die MIL/Motorkontrollleuchte anzusteuern. Für die Praxis bedeutet das: Ein EOBD-Fehlercode ist selten „das kaputte Teil“, sondern fast immer ein Hinweis auf ein physikalisches Problem im System (Luft, Kraftstoff, Zündung, Abgasnachbehandlung, Sensorik, Aktorik, Kommunikation).

Was ein EOBD-Fehlercode wirklich ist (und was nicht)

DTC = Diagnostic Trouble Code
Ein DTC ist die standardisierte Kurzbeschreibung eines Zustands, den das Steuergerät als „außerhalb der erwarteten Toleranz“ erkannt hat. Er sagt Dir:

  • Welcher Funktionsbereich betroffen ist (Powertrain/Body/Chassis/Network)

  • Welche Art von Fehlerlogik ausgelöst hat (Signal unplausibel, Regelgrenze erreicht, Effizienz zu niedrig, Unterbrechung/Kurzschluss etc.)

  • Ob emissionsrelevant und wie „hart“ er ist (Pending/Confirmed/Permanent)

Er sagt Dir aber nicht automatisch:

  • welches Bauteil definitiv defekt ist

  • ob der Fehler elektrisch oder mechanisch ist

  • ob Ursache oder Folge

Aufbau eines EOBD/OBD-II Codes (Format & Bedeutung)

Ein standardisierter Code sieht so aus: P0xxx (z. B. P0301)

2.1 Erste Stelle: System

  • P = Powertrain (Motor/Getriebe) – im EOBD-Kontext der wichtigste Bereich

  • B = Body (Karosserie)

  • C = Chassis (Fahrwerk)

  • U = Network/Kommunikation (CAN/LIN/FlexRay etc.)

2.2 Zweite Stelle: Standard vs. Hersteller

  • 0 = generisch (SAE/EOBD standardisiert)

  • 1 = herstellerspezifisch (OEM)

  • (2/3 werden ebenfalls genutzt, je nach Norm/OEM)

2.3 Dritte Stelle: Funktionsgruppe (bei P-Codes typisch)

Grobe Orientierung:

  • 1/2: Kraftstoff/Luftmessung, Gemischbildung

  • 3: Zünd-/Verbrennungsaussetzer (Misfire)

  • 4: Abgasrückführung/Emissionseinrichtungen (EGR etc.)

  • 5: Leerlauf/Vehicle Speed/Idle Control

  • 6: Steuergeräteausgänge/Prozessoren/Interne Fehler

  • 7/8: Getriebe

2.4 Letzte zwei Stellen: konkrete Fehlerdefinition

Beispiel: P0301 = Misfire Zylinder 1 erkannt.

Statusarten: Pending, Confirmed, Permanent – und warum das wichtig ist

EOBD speichert Fehler je nach „Reifegrad“:

  • Pending: Fehler wurde erkannt, aber die Bedingungen für „bestätigt“ sind noch nicht erfüllt (oft 1 Fahrzyklus).

  • Confirmed / Stored: Fehler ist bestätigt (z. B. 2-Fahrzyklus-Logik bei vielen emissionsrelevanten Fehlern).

  • Permanent: Fehler bleibt gespeichert, bis das System nachweislich wieder „OK“ getestet wurde (Monitore müssen erfolgreich durchlaufen).

Praxisnutzen:
Wenn Du nur „Fehler löschen und schauen“ machst, verlierst Du oft die wichtigste Spur: Freeze-Frame, Umgebungsbedingungen, und Monitor-Hinweise.4) Diagnosedaten, die du immer mitnehmen solltest (Checkliste)

Bevor Du irgendetwas löschst:

  1. Alle DTC inkl. Status (Pending/Confirmed/Permanent)

  2. Freeze-Frame (Drehzahl, Last, Kühlmitteltemp, Kurz-/Langzeittrimm, Geschwindigkeit, MAP/MAF, Spannung)

  3. Readiness/Monitore (welche Tests sind „ready“, welche nicht)

  4. Live-Daten gezielt, nicht „alles scrollen“:

    • STFT/LTFT, Lambda-Soll/Ist (falls vorhanden)

    • MAF (g/s) oder MAP (kPa) + IAT/ECT

    • O2/Lambda Sensoren vor/nach Kat

    • Misfire Counter (falls Hersteller-PIDs)

  5. Mode $06 (wenn verfügbar): Grenzwerte/Testergebnisse vieler Monitore (z. B. Kat, EVAP, O2, EGR)

EOBD-Service-Modes (kurz praxisrelevant)

  • Mode $01: aktuelle Live-Daten (PIDs)

  • Mode $02: Freeze-Frame

  • Mode $03: gespeicherte DTC

  • Mode $04: DTC löschen + Monitore zurücksetzen

  • Mode $06: On-Board Monitor Testergebnisse (Gold wert!)

  • Mode $07: Pending DTC

  • Mode $09: VIN, CALID, CVN (nützlich für Softwarestand/Flash-Themen)

  • Mode $0A: Permanent DTC

Diagnosestrategie: Ein sauberer Ablauf (universell)

Schritt 1: Fehlerbild + Kontext

  • Wann tritt es auf (kalt/warm, Leerlauf/Last, nass/trocken, Autobahn/Stadt)?

  • MIL blinkt oder dauerhaft?
    Blinkende MIL = typischerweise akute Misfires → Kat-Gefahr.

Schritt 2: Codeklasse erkennen (Symptomgruppe)

  • Misfire (P03xx) → Zündung, Einspritzung, Kompression, Falschluft, Gemisch

  • Gemisch (P017x) → Luftmasse/MAP, Undichtigkeiten, Kraftstoffdruck, Lambdasignal, Abgasleck

  • Kat/O2 (P0420/P0430, P013x/P014x) → Sensorik, Kat, Abgasleck, Gemischfehler als Ursache

  • EVAP (P044x/P045x) → Leck, Ventile, Tankdrucksensor, Prüfstrategie

  • EGR (P040x) → Durchfluss, Ventil, Kühler, Differenzdrucksensor, Verkokung

  • Elektrik (P06xx) → Versorgung, Masse, interne Treiber, Steuergerät, Leitungssatz

  • Netzwerk (U0xxx) → CAN-Physik, Terminierung, Spannungsniveau, Gateway

Schritt 3: Freeze-Frame „lesen“ wie ein Tatortfoto

Beispiel-Fragen:

Beispiel-Fragen:

  • War es hohe Last (Kat/Effizienz) oder Leerlauf (Falschluft)?

  • STFT/LTFT stark positiv? → Motor sucht Kraftstoff (zu mager / Luft zu viel / Kraftstoff zu wenig)

  • ECT plausibel? Wenn ECT zu kalt → Anfettung/Strategie falsch

Schritt 4: Physik prüfen: Luft, Kraftstoff, Zündung, Mechanik

Die schnellste Profi-Diagnose kommt meist aus:

  • Schnellen Plausibilitäten (MAF/MAP gegen Drehzahl/Last)

  • Scope-Messungen (Zündprimär, Injektorstrom, Sensorsignale)

  • Mechanik-Schnelltests (Relativkompression, Unterdruckbild, Abgasgegendruck-Indizien)

Typische EOBD-Codes – Beispiele mit Erklärung, Ursachen, Tests

A) Misfire: P0300 / P0301–P0306

P0300 = zufällige/mehrere Aussetzer
P0301 = Zyl. 1 Aussetzer erkannt

Wie erkennt das Steuergerät Misfire?

Über Kurbelwellendrehzahl-Schwankungen:
Bei einem Zündaussetzer fehlt Drehmoment → die Kurbelwelle „bremst“ minimal ab. Der CKP-Sensor liefert hochauflösende Winkelinformationen; das Steuergerät vergleicht Beschleunigung pro Segment.

Typische Ursachen (geordnet nach Häufigkeit)

  • Zündanlage: Spule, Kerze, Isolationsdurchschlag, Zündenergie unter Last

  • Einspritzung: Injektor hängt, schlechte Ansteuerung, geringer Durchfluss

  • Luft/Gemisch: Falschluft zylinderselektiv (Ansaugkanal, PCV), mager unter Last

  • Mechanik: Ventilproblem, Kompressionsverlust, Steuerzeiten

  • Nebenkriegsschauplätze: EGR hängt offen → Aussetzer v. a. im Leerlauf

Mess- und Prüfansatz (praxisstark)

  1. Freeze-Frame: tritt es bei Last oder Leerlauf auf?Zündprimär mit Oszi:

    • Sättigungszeit/Dwell plausibel?

    • Überschlagsspannung/Signatur auffällig?

  2. Sekundär (falls möglich): Zündspannungsbedarf steigt → mager/hohe Verdichtung/Spalt groß

  3. Injektorstromrampe:

    • Sauberer „Pintle-Hump“ (bei vielen Injektoren sichtbar)?

    • Stromanstieg/Spule ok?

  4. Relativkompression (Starterstrom) → mechanische Abweichungen schnell sichtbar

Beispiel-Interpretation:
P0301 + LTFT stark positiv + Misfire bei Leerlauf → sehr oft Falschluft nahe Zyl. 1 (Ansaugdichtung/Unterdruckschlauch) oder Injektor-Flow zu gering.

Gemisch zu mager: P0171 / P0174

P0171 = Bank 1 zu mager
P0174 = Bank 2 zu mager

Was heißt „zu mager“ physikalisch?

Lambda-Regelung versucht 14,7:1 (bei Benzin) zu treffen. Wenn zu viel Luft oder zu wenig Kraftstoff da ist, steigt STFT (kurzfristig) an. Bleibt es dauerhaft, wandert Korrektur in LTFT.

Typische Ursachen

  • Falschluft (PCV, Ansaugschlauch, Bremskraftverstärker, Dichtungen)

  • MAF driftet (zu wenig gemessene Luft → ECU spritzt zu wenig ein)

  • Kraftstoffdruck/Volumen zu gering (Pumpe, Filter, Regler)

  • Abgasleck vor Lambda → misst Sauerstoff, ECU denkt „mager“

  • Bei Direkteinspritzern: Injektorverschmutzung / Hochdrucksystem

Diagnosetests

  1. Trim-Analyse:

    • Mager nur im Leerlauf → Falschluft sehr wahrscheinlich

    • Mager unter Last → Kraftstoffversorgung/MAF eher

  2. MAF-Plausibilität:

    • g/s im Leerlauf grob proportional zum Hubraum (als Daumenregel), aber besser: Vergleich Last/Map/RPM

  3. Smoke-Test (Ansaug + EVAP/PCV integriert)

  4. Kraftstoffdruck + Fördermenge (nicht nur „Druck im Leerlauf“)

  5. Scope am MAF (analog) oder Frequenzsignal: Störungen, Dropouts

Beispiel-Interpretation:
P0171, STFT +25% im Leerlauf, bei 2500 rpm fast normal → Falschluft.

Katalysator-Effizienz: P0420 / P0430

P0420 = Kat-Effizienz Bank 1 unter Schwelle
P0430 = Bank 2

Wie bewertet das Steuergerät den Kat?

Vergleich der Lambda/O2-Signale vor und nach Kat.
Ein gesunder Kat speichert Sauerstoff und glättet das Signal:

  • Vor Kat: schnell wechselnd (Regelsonde)

  • Nach Kat: deutlich stabiler/gedämpfter

Wenn die Nachkat-Sonde „zu ähnlich“ zur Vorkat-Sonde schwingt, sinkt die berechnete Sauerstoffspeicherfähigkeit → P0420.

Typische Ursachen (wichtig: nicht sofort Kat tauschen)

  • Kat gealtert/thermisch beschädigt (oft Folge von Misfires!)

  • Vorkat-Sonde träge/falsch

  • Nachkat-Sonde falsch/Alterung

  • Abgasleck (vor Nachkat-Sonde)

  • Dauerhaft falsches Gemisch (zu fett/zu mager), Ölverbrauch, Kühlmittel im Abgas